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Ich bin ein Krimi-Retter
Ich hole alte finnische Krimis aus den Bibliotheken und bewahre sie vor dem Vergessen
Ich grabe in Bibliotheken und Archiven und sichteKrimis in finnischer oder englischer Sprache.
Wenn mir ein Krimi gefållt und ich davon ausgehe, dass er auch Ihnen gefällt, übertrage ich ihn ins Deutsche.
8 10 2025
Ich stelle einige dieser Autoren vor, deren Bücher ich aufhübsche.
Der erste Autor, dem wir uns zuwenden, heisst Jalmari Finne. Von ihm habe das Buch 'Verinen lyhty' ins Deutsche übertragen.
Jalmari Finne wurde im Jahre 1874 geboren. Erwähnenswert ist dies deshalb, weil es zu dieser Zeit Finnland als eigene Nation gar noch nicht gab. Erst im Jahre 1917 war es soweit. Da wurde der eigenständige Staat 'Finnland' gegründet -zu einem Zeitpunkt also, zu dem Finne 43 Jahre alt war.
Finne war einige Zeit Theaterdirektor und widmete sich dann zum Schreiben. Ihn als Schriftsteller zu charakterisieren fällt jedoch schwer.
8 10 2025
Warum dies schwer fällt, erkennt man, wenn man sich vergegenwärtigt, was Finne geschrieben hat.
Finne schrieb Liebesromane, autobiographisch orientierte Bücher, Kriminalromane, Theaterstücke und ziemlich kitschige Geschichten für Kinder. Und nicht so kitschige Kindergeschichten, die damals beträchtliches Aufsehen erregten. Daneben übersetzte er auch Bücher ins Finnische.
Finne weist deshalb dieses breite Spektrum an Werken auf, weil er grosse Angst hatte, sich auf ein Genre festzulegen und dadurch zu verknöchern - dass er sich wie Agathe Christie auf Kriminalromane festlegen und von ihnen einen nach dem andern publizieren würde, lag ihm fern. Er probierte immer Neues aus.
Und so ist es kein Zufall, dass Finne exakt zwei Kriminalromane schrieb - und das war's dann.
9 10 2925
Finne - der Kinderbuchautor.
Auch wenn Finne ein unruhiger Geist war, blieb er einem Genre treu: den Kinderbüchern.
Das kam so:
Jemand bat Finne, Geschichten für Kinder zu schreiben.
Finne war unverheiratet und kinderlos. Als Autor von Kinderbüchern sah er sich überhaupt nicht. Trotzdem kam er der Bitte nach und schrieb einige Kindergeschichten.
Finne schrieb diese Geschichten in einer Art und Weise, wie dies damals üblich war. Die Geschichten triefen nur so von Pathos - es waren Geschichten von braven Mädchen und von Jungen, die tapfer im Kriege kämpften und dies zuweilen auch mit dem Leben bezahlten.
Eine grossen Widerhall fanden die Geschichten nicht. Die Geschichten von Finne ähnelte zu stark jenen Geschichten, mit denen die Kinder damals versorgt wurden: Geschichten von heldenhaften, mutigen, braven und tapferen Kindern, die den Kindern, die diese Geschichten lesen, als leuchtendes Beispiel dienen sollten.
Finne wurde deshalb gebeten, etwas für Kinder zu schreiben, das ,hauska' - also etwas, das lustig und fröhlich war.
Auch dieser Bitte kam Finne nach. Und so erfand er die Familie Schreihals.
10.10. 2025
Die Familie besteht aus Vater und Mutter Schreihals, den beiden Söhnen und dem Hund Pulla. Die Familie weist zwei Eigenschaften auf.
Zuerst: Die Familie Schreihals heisst nicht zufällig so. Normal sprechen können die Mitglieder der Familie nicht. Wenn sie sich unterhalten, geschieht dies nur, indem sie schreien.
Und dann noch dies: Eigentlich sind die Mitglieder der Familie Schreihals harmlose Leute und trotzdem: Wo sie auch immer sie hinkommen, sie hinterlassen ein Chaos.
11 10 2025
Offensichtlich gefiel dies den finnischen Kindern. Sie waren begeistert von den Geschichten, die von der Familie Schreihals handelten (weniger begeistert waren manche Erwachsene: Da wurde den Kindern von Leuten erzählt, die ganz gewiss nicht als Vorbild dienen konnten...).
Einige dieser Kindergeschichten habe ich aufgehübscht, sie werden bald einmal publiziert
21 10 2025
Bestseller: Wenn man sich im Internet Bücher alte Bücher anschaut, stellt man es immer wieder fest: Da hat es früher berühmte Autorinnen und Autoren gegeben, die Bestseller geschrieben haben - und die heute kaum noch jemand kennt.
Das macht eine Tatsache deutlich, die man gerne übersieht: Dass jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt berühmt war, ist keine Garantie dafür, dass das so bleibt. Es ist stattdessen durchaus möglich, dass neue Generationen von Leserinnen und Leser heranwachsen, die mit diesen einstmal berühmten Autoren und Autorinnen nichts mehr anfangen können.
Ein Beispiel gefällig?
Johannes Mario Simmel.
Buchhändlerinnen und Buchhändler bestätigen es: Heute liest so gut wie niemand Bücher von Simmel. Eine natürlich nicht repräsentative Unfrage bei der Enkelschar bestätigt dies: Simmel ist vollkommen unbekannt.
Vollkommen unbekannt - obwohl Simmel 73 Millionen Bücher verkauft hat!
Natürlich scheint es uns fast unmöglich zu sein, dass zum Beispiel Harry Potter und Frau Rowling jemals in Vergessenheit geraten werden und es Leute geben wird, die mit dem Namen ,Harry Potter' nichts anfangen können.
Und doch. Unmöglich ist es nicht.
Quelle ndr.de Fast vergessen. Zum 100 Geburtstag von Johannes Mario Simmel. Z 24 10 2025
24. 10. 2025
Übrigens: Sind Sie jünger als 40 Jahre und kennen Sie Leon Uris? Oder sein Buch ,Exodus'?
Eben.
Nur zur Erinnerung:
Bücher von Uris erschienen in 29 Länder und wurden über 150 Millionen Mal verkauft.
Quelle: KI-generierte Antwort auf die Frage, wie viele Bücher Uris verkauft hat. 24 10 2025
25 10 2025
Und da wir schon bei Autoren sind, die einstmals berühmt waren:
Kennen Sie Heinz Konsalik?
Sein letztes Buch erschien 1998.
Die Gesamtauflage seiner Bücher liegt zwischen 80 und 90 Millionen. Die Auflage seines berühmtesten Buches (Der Arzt von Stalingrad) liegt bei 3.5 Millionen.
Und man sieht daraus: Auch wenn man noch so berühmt ist, kann es mit dem Vergessen sehr schnell gehen.
Quelle: Wikipedia, Stichwort ,Heinz Konsalik', 24 10 2025
28 10 2025
Das Buch ,Blutige Laterne' ist nun als Ebook erschienen. Es wird zwar vom Autor als ,romaani' beschrieben, aber es ist ein waschechter Kriminalroman - und ist auch, wie aus den Memoiren des Autors hervor geht, als Kriminalroman gedacht gewesen.
Das ist bemerkenswert. Und zwar deshalb, weil es der erste Kriminalroman ist, der in Finnland und in finnischer Sprache erschienen ist.
Das Buch erschien 1928, und man muss sich an dies erinnern: Finnland ist zu diesem Zeitpunkt als eigene Nation zarte 11 Jahre alt.
2 11 2025
Wenn man von der finnischen Krimi-Literatur spricht, denken viele Leute zuerst einmal an Mika Walteri. Diesen Autor kennen viele Leute vom Buch 'Sinuhe der Ägypter' her. Walteri hat daneben aber auch Kriminalromane geschrieben, in deben der Inspektor Pamu eine Hauptrolle spielt.
Walteris Krimi sind schon vor längerer Zeit ins Deutsche übersetzt worden. Bei Jalmari Finne sieht dies anders aus. 2020 lernte ich die Arbeiten von Jalmari Finne und damit auch das Buch 'Verinen lyhty' kennen. Zu meinem Erstaunen konnte ich nirgendwo eine deutsche Übersetzung dieses Buches finden ( weshalb ich es dann selber ins Deutsche übertrug).
Warum dieser Unterschied zwischen Walteri und Finne? Warum wurde der eine Autor früh schon übersetzt und der andere vorerst gar nicht?
Wir wissen es nicht. Sicher gibt es dafür verschiedene Gründe; einer von ihnen sei hier kurz erwähnt.
Walteri hat mehrere Krimis geschrieben, in denen Kommissar Pamu eine Hauptrolle spielte.
Und Jalmari Finne?
Finne hat im Ganzen zwei Kriminalrone geschrieben.
Das ist nicht viel. Und das schlimmste ist: Diese Krimis sind nicht aufeinander abgestimmt. Da gibt es keinen Kommissar Pamu, der in einer Seie von Büchern die tragende Figur darstellt.
Stattdessen verhältbes sich so: Im Buch ,Blutige Laterne, kommt eine alte und weise Bäuerin vor, der es ganz wesentlich zu verdanken ist, dass ein Mörder gefasst wird.
Dann aber verschwindet die Bäuerin von der literarischen Bildfläche. Im zweiten Krimi für Erwachsene (Schicjsakshand)) kommt sie nicht mehr vor...
3 11 2025
Wobei man bei der weisen Bäuerin von Finne unwillkürlich an Miss Marple denken muss: Die weise Bäuerin Maria und Miss Marple weisen Gemeinsamkeiten auf: Beide lösen sie als Aussenseiterin dort einen Mordfall, wo die staatlichen Organe nicht mehr weiterkommen.
Wer war zuerst?
Die Lage ist klar:
Zeitlich kommt die alte Bäuerin vor Miss Marple. Finne hat als nicht bei Agathe Christie abgeschrieben.
Und umgekehrt?
Da das Buch ,Blutige Laterne' nach meinem Wissen damals nicht ins Englische übersetzt worden ist, hätte Agathe Christie die finnische Sprache beherrschen müssen. Nur dann hätte sie die weise Bäuerin als Vorbild für Miss Marple nehmen können. Doch Hinweise darauf, dass Agathe Christie Finnisch konnte, gibt es nicht. Also hat sie nicht bei Finne abgeschrieben.
9. 11. 2025
Jalmari Finne scheint nicht viel von der Polizei gehalten zu haben. Im Buch 'Blutige Laterne' scheitert der Polizeichef bei der Mordaufklärung.
Beim zweiten Krimi (Schicksalshand) kommt die Polizei ebenfalls schlecht weg.
Sie kommt schlecht weg, weil sie nichts tut.
Der zuständige Polizist ist nämlich der Meinung, dass sich der Mord von selbst aufklärt - man muss, so findet er, nur Geduld haben und zuwarten. Irgendwer wird irgendwem irgendetwas über irgendwen erzählen - und das führt dann zum Mörder.
Und so ist es denn kein Zufall, dass ein Aussenseiter die treibende Kraft hinter der Mordaufklärung ist - dieses Mal keine fromme Bäuerin, sondern ein Maurer und Amateurboxer.
Plus eine Frau, die mit den Waldgeistern und Gnomen auf du und du steht.
10 11 2025
Dass Finne die Polizei scheitern lässt, ist eigentlich erstaunlich. Denn Finne wusste sehr wohl, dass sich die Aufklärungsmittel der Polizei verbessert hatten - so fand zur Zeit von Finne die Auswertung von Fingerabdrücken Eingang in die Polizeiarbeit.
Finne interessiert sich sehr für diese Aufklärungsmittel.
Offenbar war jedoch sein Vertrauen in diese Mittel nicht besonders gross.
13 11 2025
Kehren wir zu Jalmari Finne und seine Bücher zurück. Finne wollte ein Schriftsteller werden, den man in ganz Europa kennt.
Das ist ihm nicht gelungen.
Ein deutliches Indiz dafür ist die Tatsache, dass seine Bücher kaum oder garr nicht in andere Sprachen übersetzt wurden.
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